Durchwachsene Bilanz nach dem G8-Gipfel: Der enorme logistische Aufwand wurde nur bedingt durch zusätzliche Umsätze belohnt.
100.000 Demonstranten, 16.400 Polizisten, 5.000 in- und ausländische Journalisten – und jeder ein potenzieller Pressekäufer. Lieferbeschränkungen in der abgeschotteten Sicherheitszone, Touren-Umplanung wegen Straßensperrungen, kurzfristige EH-Schließungen wegen Demonstrationen und Blockaden… Für den Pressegroß-und einzelhandel in West-Mecklenburg bedeutete das G8-Gipfeltreffen, das
vom 6.-8. Juni im Ostsee-Badeort Heiligendamm stattfand, Hoffnung und Herausforderungen zugleich. Zu erwarten waren Zusatzverkäufe in den Warengruppen politische Presse, Zeitungen und internationale Presse – wenn es denn gelang, Händler und Hotels trotz Schutzzonen, gesperrter Straßen und Behinderungen durch die Aktionen der G8-Gegner mit Ware zu versorgen. Die innere Sicherheitszo-
ne um Heiligendamm war bekanntlich von Mitte Mai bis Mitte Juni durch einen Sicherheitszaun abgesperrt. Der Ort selbst war vom 30 Mai bis 9. Juni hermetisch abgeschlossen und das Grand Hotel Kempinski sowie die Median Kurkliniken dort konnten nicht beliefert werden. „Bedauerlicherweise wurde die Belieferung des Ortes Heiligendamm trotz rechtzeitiger Bemühungen unsererseits durch das Bundespresseamt organisiert”, erklärt Udo Koska, geschäftsführender Gesellschafter des Presse-Vertriebs Mecklenburg West (PMV). Doch es gab noch reichlich andere „Baustellen”: Um die Verkaufsstellen im Umfeld der Sicherheitszone zu erreichen, mussten offizielle Stellen kontaktiert werden, um Zufahrtsberechtigungen zu bekommen. Die Sortimente der bestehenden Presse-EH wurden geprüft, Bezugserhöhungen bei Schwerpunkttiteln veranlasst. Vor allem der Bereich der Internationalen Presse wurde ausgebaut: 62 ausländische Zeitungen und Zeitschriften führte der PMW während des Gipfels im Angebot. Um diese gut zu präsentieren, wurden zahlreiche zusätzliche Verkaufshilfen im Vertriebsgebiet ausgeliefert. Ziel war es, sich auf alle möglichen Eventualitäten einzustellen: „Ausgehend von ständig wechselnden Nachrichten und Informationen lag unsere Hauptaufgabe darin, jeweils sehr kurzfristig unsere Vorbereitungen anzupassen”, berichtet Koska. „So planten wir den Einsatz von Zusatztouren für die A-Tag-Auslieferung der ausländischen Zeitungen und Entlastungs- und Alternativetouren bei angekündigten Straßensperrungen und -blockaden. Während des Gipfels wurden mehrere Demonstrationen mit den zugehörigen Risiken und Gefahren, wie bei vorangegangenen Gipfeltreffen in Schottland oder Genua, angekündigt. Unsere Aufgabe war es, auf Straßensperrungen und -blockaden bis hin zu Geschäftsschließungen in ganzen Stadtteilen mit der jeweiligen Umverteilung der Ware zu reagieren.” Große Aufmerksamkeit wurde der Versorgung zusätzlicher Käufergruppen wie den Gipfelgegnern, Polizisten und Journalisten geschenkt. „Nach vergeblichen Versuchen, die G8-Gegner-Camps und Kasernen direkt zu beliefern, konzentrierten wir uns auf die Belieferung der bestehenstehen den Kunden beratend zur Seite.
den Umkreishändler. Einige Pressehändler erreichten durch diese zusätzlichen Käufergruppen eine bis zu dreifache Umsatzsteigerung”, so Koska. Sein Resumé: „Der G8-Gipfel wurde beim Presse-Vertrieb Mecklenburg West bereits sehr frühzeitig als ein Ereignis angesehen, das die Chance bot, bei guter Vorbereitung zusätzliche Umsätze zu generieren und die Servicebereitschaft unserer Firma unter Beweis zu stellen. Durch vertriebliche Maßnahmen gelang es uns, bei den Titeln der drei maßgeblichen Warengruppen Zeitungen, politische Illustrierte und internationale Presse signifikante Verkaufssteigerungen zu erreichen.” Durchwachsen dagegen fällt die Bilanz für den Presse-Einzelhandel aus: Lebensmittelgeschäfte und Discounter in Umgebung der Camps meldeten zusätzliche Umsätze; dagegen blieben in den Urlaubsgebieten sowie in Rostock nicht nur Touristen weg, sondern auch die Einheimischen – viele hatten sich aus Angst vor Krawallen schon in den Wochen vor dem Gipfel bevorratet. Darunter litten vor allem kleinere Händler – in Kühlungsborn, Bad Doberan und Rostock fuhren die Geschäfte – abgesehen von einigen wenigen Discountern – die schlechtesten Umsätze aller Zeiten ein. (is)
Quelle: 02. August 2007, dnv, Seite 40f